Donnerstag, 6. November 2008

YWC

Die Wahl mit zu verfolgen war eigentlich viel zu irreal, um es in Worte zu fassen. Wir schauten uns das Geschehen zunächst ein paar Stunden im Fernsehen an und gingen dann hinunter zu unseren Vermietern, um dort weiter zu gucken und ihre Meinung zu hören. Als Obama dann zum Gewinner erklärt wurde, ist dann wirklich alles außer Kontrolle geraten hier.
Die Menschen waren entweder völlig ekstatisch (zum Beispiel fast alle, die mit uns schauten), zu Tränen gerührt (vor allem während Obamas Rede) oder waren nicht zu sehen, das müssen die drei Menschen gewesen sein, die in New York für McCain gestimmt hatten.
Wir sind schnell nach Manhattan ins East Village gefahren, um ein paar Leute zu interviewen (einer meiner Nachbarn möchte daraus ein Video machen, das ich euch zeige, wenn es fertig ist). Leider war mein obamanatischer Nachbar völlig aus dem Häuschen und schwer angetrunken, sodass die vermeintlichen Interviews schnell zu Monologen seinerseits mutierten, aber witzig war es trotzdem.
Um ein Uhr wollte ich eigentlich nach Hause fahren und war schon auf dem Weg zur U-Bahn, als wir am Saint Marks Place vorbeikamen, wo einfach die Hölle los war. Hunderte Menschen hatten die Straße zur allgemeinen Partyzone ohne Trinkverbot erklärt (feiern auf der Straße ist hier schon unüblich genug) und eine Hausparty wurde durch ein paar Handgriffe eine Blockparty, als die netten Leute in dem Apartment ihre Boxen auf die Feuertreppe stellten und damit die Straße beschallten. Die Polizisten versuchten zunächst, die Leute von der Straße zu kriegen, damit der Verkehr weiter gehen konnte, gaben aber ziemlich schnell auf und sperrten die Straße stattdessen einfach ab.
Wir tanzten dann noch bis um halb vier und ich kam wie erwartet zu spät zur Arbeit am nächsten Tag, aber das interessierte da auch keinen. Es war so eine Stimmung wie am 2.Januar, wenn man wieder zur Arbeit geht und jeder weiß, dass heute garantiert nichts Produktives geleistet wird.

Ich könnte ja jetzt noch schreiben, was ich von Obama erwarte und ob ich glaube, dass er Amerika aus der Krise helfen kann, aber mal ehrlich: Das interessiert doch keinen Menschen, was ich von Politik halte, und die Anzahl derer, die sich meine Meinung trotzdem ständig anhören dürfen, ist auch so schon groß genug.
Zu einem Thema kann ich es mir aber nicht verkneifen:
Es gab, wie ich ja schon schrieb, eine zweite Abstimmung am 4. November, nämlich über das Recht schwuler und lesbischer Paare zu heiraten. Es wurde in Kalifornien durch eine Verfassungsänderung abgeschafft, nachdem die Mehrheit der Wähler für diese Änderung gestimmt hatte. Die USA haben damit in meinen Augen einen großen Schritt zurück getan, sowohl was die Trennung von Staat und Religion angeht, als auch die Gleichstellung von Homosexuellen überhaupt, und sind damit wieder gleichauf mit Deutschland. Ich finde das traurig.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Durch den neuen Präsidenten wird sich daran wahrscheinlich leider auch nicht viel ändern...naja, wenigstens ist er Demokrat